Strafzölle im internationalen Handel

Die wichtigsten Fragen

Gelangensvermutung und Gelangensbestätigung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen

Die Gelangensvermutung

Die Gelangensvermutung ist ein Instrument des deutschen und europäischen Umsatzsteuerrechts, das unter bestimmten Voraussetzungen eine Vereinfachung der Nachweispflichten bei innergemeinschaftlichen Lieferungen (i.g.L.) ermöglicht. Sie ergänzt die klassische Gelangensbestätigung und bietet Unternehmern eine rechtssichere Alternative zur Einzelfallbestätigung durch den Abnehmer.

Rechtsgrundlage und Einbettung

Die Regelungen zur Gelangensvermutung finden sich seit dem 1. Januar 2020 in § 6b UStG (in Umsetzung von Art. 45a der EU-Mehrwertsteuer-Durchführungsverordnung – MwSt-DVO). Diese Norm wurde im Zuge der sogenannten „Quick Fixes“ eingeführt, mit denen die EU innergemeinschaftliche Lieferungen steuerlich vereinheitlichen und vereinfachen wollte. Die Gelangensvermutung entbindet den Unternehmer nicht von der Nachweispflicht, erleichtert sie aber wesentlich, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind.

Lesen Sie alles über die Gelangensvermutung und die Gelangensbestätigung in unserem aktuellen Blogartikel. ZUM BLOGARTIKEL

Voraussetzungen der Gelangensvermutung

Die Gelangensvermutung gilt nur bei innergemeinschaftlichen Lieferungen, bei denen der Versender oder der Abnehmer den Transport selbst oder durch Dritte veranlasst. Es wird unterschieden zwischen zwei Fallgruppen:

1. Versand durch den Lieferer (oder auf dessen Rechnung):

  • Der Lieferer kann eine schriftliche Erklärung des Abnehmers vorlegen, dass die Ware in einen anderen EU-Mitgliedstaat verbracht wurde.
  • Die Erklärung wird spätestens bis zum 10. Tag des Folgemonats übermittelt.
  • Mindestens zwei unabhängige Beförderungsnachweise liegen vor (z. B. CMR-Frachtbrief, Lieferschein, Tracking-Daten, Versicherungspapiere).

2. Versand durch den Abnehmer (oder auf dessen Rechnung):

Der Abnehmer muss zusätzlich eine Erklärung abgeben, dass er den Gegenstand selbst transportiert hat. Die Nachweise müssen von Dritten stammen, die nicht an der Lieferung beteiligt sind (z. B. Transportunternehmen, Versicherungen).

Wirkung der Gelangensvermutung

Liegt die Vermutung vor, gilt die Ware steuerlich als ins übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt – es sei denn, das Finanzamt kann das Gegenteil zweifelsfrei nachweisen. Dies schafft für Unternehmer eine erhebliche Rechtssicherheit und reduziert die Abhängigkeit von der oft problematischen Gelangensbestätigung durch den Abnehmer.

Wird eine der Voraussetzungen nicht erfüllt, entfällt die Vermutung – und der Unternehmer muss die Steuerfreiheit auf anderem Wege (z. B. klassische Gelangensbestätigung oder andere Belege) nachweisen.

Praxisrelevanz und Empfehlung

Die Gelangensvermutung ist besonders praktikabel für Unternehmen mit hohem Versandvolumen, die standardisierte Prozesse einsetzen und den Nachweis automatisieren wollen. In Kombination mit professioneller Dokumentation (z. B. durch digitale Versand- und ERP-Systeme) lässt sich der Aufwand für steuerliche Nachweise deutlich reduzieren.

Gleichzeitig empfiehlt es sich, regelmäßig die Qualität der Nachweise und die Einhaltung der Fristen zu prüfen, um die steuerliche Anerkennung nicht zu gefährden.

Fazit zur Gelangensvermutung

Die Gelangensvermutung bietet Unternehmen eine rechtssichere und effiziente Möglichkeit, den Nachweis der Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen zu führen – vorausgesetzt, die formellen Anforderungen werden strikt eingehalten. Als Teil der „Quick Fixes“ ist sie ein Schritt hin zu mehr Harmonisierung im europäischen Umsatzsteuerrecht und verdient in der Praxis mehr Aufmerksamkeit.

Die Gelangensbestätigung

Die sogenannte Gelangensbestätigung ist ein zentrales Instrument im deutschen Umsatzsteuerrecht zur Dokumentation steuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferungen gemäß § 4 Nr. 1 b i. V. m. § 6a UStG. Sie dient dem Nachweis, dass ein Gegenstand tatsächlich in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt ist – eine Voraussetzung, damit der Lieferer die Lieferung als umsatzsteuerfrei behandeln darf.

Gesetzlicher Hintergrund

Eine innergemeinschaftliche Lieferung liegt vor, wenn:

  • der Liefergegenstand aus Deutschland in einen anderen EU-Mitgliedstaat gelangt,
  • der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand für sein Unternehmen erwirbt (oder eine juristische Person, die kein Unternehmer ist),
  • und der Erwerb im Bestimmungsland der Umsatzbesteuerung unterliegt.

Der Unternehmer muss den tatsächlichen Transport des Gegenstands ins EU-Ausland nachweisen. Diese Beleg- und Buchnachweispflichten sind in § 17a und § 17b UStDV geregelt.

Inhalt und Form der Gelangensbestätigung

Die Gelangensbestätigung ist eine schriftliche Erklärung des Abnehmers, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt ist. Sie muss mindestens folgende Angaben enthalten:

  • Name und Anschrift des Abnehmers
  • Menge und handelsübliche Bezeichnung des gelieferten Gegenstands
  • Ort und Monat des Erhalts des Gegenstands
  • Ausstellungsdatum der Bestätigung
  • Unterschrift des Abnehmers (bei elektronischer Übermittlung z. B. per E-Mail, mit Nachweis über Authentizität und Integrität)

Es besteht keine Formvorgabe – die Bestätigung kann auch per E-Mail, Fax oder als PDF erfolgen. Auch sammelweise Bestätigungen (z. B. monatlich) sind möglich.

Alternativen zur Gelangensbestätigung

Die Gelangensbestätigung ist nicht die einzige zulässige Nachweisform. Alternativ können auch andere Belege verwendet werden:

  • Frachtbriefe oder Spediteursbescheinigungen
  • Empfangsbestätigungen durch den Abnehmer
  • Tracking- und Versandnachweise (z. B. von Paketdiensten)

Wichtig ist, dass aus den Belegen zweifelsfrei hervorgeht, wann und wohin der Gegenstand geliefert wurde – und dass der Nachweis den Anforderungen der Finanzverwaltung genügt.

Bedeutung für die Praxis

In der Praxis stellt die Gelangensbestätigung für viele Unternehmen eine organisatorische Herausforderung dar, insbesondere wenn der Abnehmer nicht zeitnah oder gar nicht reagiert. Dennoch ist sie ein zentraler Baustein der Umsatzsteuer-Compliance, da eine fehlende oder unvollständige Nachweisführung im Rahmen von Betriebsprüfungen zur nachträglichen Besteuerung der Lieferung führen kann.

Ein professionelles, gut dokumentiertes Verfahren zur Einholung und Archivierung der Gelangensbestätigung bzw. alternativer Nachweise ist daher unerlässlich.

Fazit zur Gelangensbestätigung

Die Gelangensbestätigung ist ein bewährtes Mittel zum Nachweis der Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen – aber auch ein potenzielles Risiko, wenn sie fehlerhaft oder unvollständig gehandhabt wird. Unternehmen sind gut beraten, interne Prozesse regelmäßig zu überprüfen und ihre Mitarbeitenden entsprechend zu schulen.

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